Digital Convenience Day: Chancen der Digitalisierung an Tankstellen und in Shops

Sechs Stunden, elf Referenten, eine Live-Schaltung aus Seoul und Shoppen im 24/7-Smart-Store – über mangelnde Inhalte konnten sich die rund 120 Teilnehmer des Digital Convenience Days von MCS nicht beschweren.

Die Digitalisierung ist in der Tankstelle angekommen. Zahlreiche Schlagwörter wie Smart Store, Roboter, digitale Kassenbons und elektronische Preisanzeigen, automatisierte Einsatzplanung oder digitales Präsenzmanagement zeigen, wie breit inzwischen die Palette der digitalen Lösungen ist, die in der Branche Einsatz finden. Einen Überblick über aktuelle innovative Produkte und Dienstleistungen lieferte der Digital Convenience Day, zu dem MCS am 8. März 2023 in die Zentrale nach Offenburg geladen hatte. Rund 120 Branchenvertreter nutzten die Gelegenheit, um sich komprimiert auf sechs Stunden über die neuesten Trends zu informieren und den 24/7-Smart-Store auf dem Firmengelände zu testen.

 

Die GenZ für die Tankstelle gewinnen

Zum Auftakt stellte MCS-Geschäftsführer Torsten Eichinger die jüngsten Ergebnisse einer Online-Befragung unter 1.000 Teilnehmern zur GenZ vor, die der Shoplieferant in Auftrag gegeben hat. Sein Rat:

Es ist sehr wichtig, sich mit den Bedürfnissen dieser Käufergruppe bis 27 Jahren auseinanderzusetzen.

Eine Stromversorgung zum Laden von Handys und kostenloses WLAN sollten an der Tankstelle inzwischen state of the art sein. Aber auch über digitale Bezahllösungen wie Scan & Go, Pay@Pump und Click & Collect sollten Betreiber nachdenken, denn die Generation Z fordert diese Angebote, wie die Umfrage ergab. Die Möglichkeit, rund um die Uhr einzukaufen, beispielsweise an Automaten oder Smart Stores, findet die junge Käufergruppe ebenfalls sehr interessant. 

Lesen Sie hier mehr zur MCS-Studie zum Thema GenZ & Tankstelle.

Smart Stores als Antwort auf den Personalmangel

Ein Experte für Smart Stores ist Stephan Rüschen. Der 57-Jährige ist Professor für Lebensmittelhandel und Studiengangsleiter an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn, wo er sich auf dieses Thema spezialisiert hat. Er präsentierte eine Systematik der verschiedenen Smart-Store-Varianten, die in der Regel folgende fünf Merkmale erfüllen: unbemannt, 24/7, kleine Fläche, bargeldloses Bezahlen und Registrierung der Nutzer. Die Bezahloptionen reichen von Scan & Go an der Kasse oder mit dem Handy bis hin zu Grab & Go, bei dem Kameras erkennen, was der Kunde in den Warenkorb gelegt hat, und die Abrechnung automatisch am Ende des Einkaufs erfolgt.

Prof. Rüschen sieht Smart Stores als Lösung, um dem Personalmangel zu begegnen. Zudem erfüllen sie das Bedürfnis der Kunden, alles, überall und sofort bekommen zu können. Natürlich sei das Diebstahlrisiko nicht wegzudiskutieren und nur durch Prävention und Überwachung durch Kameras zu begegnen. Außerdem seien die Warenwirtschaft und Logistik noch sehr herausfordernd. Aber:

Die Anwendungsmöglichkeiten von Smart Stores werden immer vielfältiger, egal ob auf dem Land, an Hochschulen, als Betriebsverpflegung oder Ergänzung zum stationären Handel. Das Interesse ist unfassbar groß. Smart Stores sind zwar eine Nische, aber dort haben sie sich etabliert.

 

Entwicklungen des Convenience-Markts weltweit

Einer, der schon viele Smart Stores und andere Lösungen für das Shopgeschäft weltweit gesehen hat, ist Mark Wohltmann, Global Director beim Branchenbündnis National Association of Convenience Stores (NACS). Er stellte – live zugeschaltet aus dem weltweit zweithöchsten Hotel in Seoul – Ideen und Innovationen aus der ganzen Welt vor. So erläuterte er, dass Technologien wie QR-Codes und Radio-frequency-identification (RFID) zwar schon lange existieren, aber erst durch Corona zum Durchbruch gekommen sind.

Interessant beispielsweise für die Darstellung virtueller Speisekarten auf dem Handy ist Augmented Reality (dt.: erweiterte Realität). Mithilfe von Artificial Intelligence (dt.: künstliche Intelligenz) lässt sich wiederum das Stockmanagement verbessern, was insbesondere im unbemannten Handel eine große Hilfe ist. Spannend ist auch das Thema Biometrics: Statt sich mit dem Handy oder einer Karte Zugang zu einem Shop zu verschaffen oder zu bezahlen, nutzt der Konsument seine Handfläche, „die man ja immer dabei hat“. Bei all der innovativen Technik, die der Convenience-Experte auf seinen Reisen bereits entdeckt hat, ist er jedoch überzeugt:

Technologie kann Dinge einfacher und manchmal besser machen und dadurch Mitarbeiter entlasten. Aber am Ende will der Konsument das Lächeln eines echten Menschen sehen.

 

SMART STORES FÜR VIELSEITIGE ANWENDUNGEN

Wie ein Smart Store konkret aussehen kann und welche Bezahloptionen möglich sind, führte Marco Moncado vom Hersteller Kesseböhmer aus. Das Familienunternehmen baut Lösungen für indoor und outdoor in den Größen 10 und 20 Fuß. Die Kunden können zwischen vier Designs abhängig vom Einsatzort auswählen, darunter natürlich auch für die Tankstelle. Außerdem können sie aus den verschiedenen Modulen Regale, Kühlung, Kasse und Heat den begehbaren Shop so zusammenstellen, wie es für den entsprechenden Standort und das gewählte Sortiment passt.

Der Kunde hat einerseits mehrere Auswahlmöglichkeiten für die individuelle Zusammensetzung seines Stores. Andererseits arbeiten wir hochstandardisiert, sodass wir die Kosten so niedrig wie möglich halten können.

betonte der Lead Seller Smart Store Solutions. Weiterhin beschrieb er verschiedene Lösungen, mit denen die Kunden bezahlen können. Zum Abschluss informierte Moncado über das Smart-Store-Projekt auf dem Gelände der MCS, das sich die Teilnehmer in der Pause ansehen konnten. Dabei testet die MCS drei Monate lang die Prozesse und Herausforderungen, die mit dem begehbaren Automaten verbunden sind. Für die Durchführung des Projekts ist eine Gruppe von Azubis zuständig, die sich übrigens dazu entschieden hat, einen Teil der Gewinne an das örtliche Tierheim zu spenden.

 

Fygi – eine Scan-&-Go-Lösung in der Praxis

Nach der Mittagspause stellte Carsten Pletz, Leiter Sales und Marketing DACH bei Fygi, eine alternative Einkaufsmöglichkeit zur klassischen Kasse ohne eigene App vor, die das norwegische Unternehmen gemeinsam mit MCS in Deutschland an Pilotstationen und im Smart Store in Offenburg testet. Der Kunde scannt einen QR-Code beispielsweise für ein Einzelprodukt oder ein Bundle aus Getränk und Chips und wird dann automatisch auf eine browserbasierte Seite gelenkt, wo er die Ware bezahlt. Alternativ kann der Kunde ein Self-Checkout-Terminal nutzen.

Der QR-Code kann dabei nicht nur im Shop platziert sein, sondern auch an der Zapfsäule. Am Anfang sollte dieses Angebot auf wenige Dutzend Produkte im Shop beschränkt sein, um den Kunden mit Scan & Go nicht zu überfordern, riet Pletz.

Die Shopper finden das Thema spannend und möchten das gerne nutzen. Man sollte aber langsam und behutsam vorgehen, um den Kunden mit der Digitalisierung nicht zu überfordern

 betonte Pletz.

 

Den Shop im Internet sichtbar machen

„Digitales Präsenzmanagement“ klingt zunächst nach einer komplizierten Sache, ist es aber nicht, wie Joachim Helfer, Geschäftsführer von advantago, in seinem Vortrag erläuterte. Sichtbarkeit im Internet wird immer wichtiger, nicht nur durch die eigene Website, sondern auch auf Social Media, in Suchmaschinen und Navigationssystemen. Das unterstreicht eine beeindruckende Zahl von Google: Laut des Suchmaschinenanbieters sind die Suchanfragen „In meiner Nähe“ um 900 Prozent gestiegen. Umso wichtiger ist es laut Helfer, vollständig, fehlerfrei, einheitlich und sichtbar Präsenz im Internet zu zeigen.

Das geht in nur fünf Schritten, wie der Referent betonte: 1. Anlegen eines Google-Business-Profils, 2. Listung in verschiedenen Verzeichnissen wie bei Google oder Apple, 3. Filialfinder auf der eigenen Internetseite, wenn es mehrere Standorte gibt, 4. Bewertungen auf Social Media und Google managen und 5. Anbindung von Social Media, um beispielsweise über Angebote zu informieren. Helfer riet außerdem in Bezug auf das Personalrecruiting:

Seien Sie auf den Plattformen präsent, auf denen Ihre künftigen Mitarbeiter sind.

Advantago kann mittels Software die Sichtbarkeit eines Unternehmens im WWW checken und berät dann, wie man diese verbessern kann.

 

Mediathek 2.0

Unterstützung bei der Präsenz auf Social Media bietet MCS im Rahmen der Mediathek. Hier können Betreiber kostenfrei Werbevorlagen für Aktionen und Produkte als Bild oder Video mit Logo und Preisen individualisieren und auf Social Media oder auf Digital-Signage-Monitoren im Shop oder an der Zapfsäule ausspielen. Eichinger kündigte für den April die nächste Evolutionsstufe der Mediathek an: den Connector. Die Plattform wird künftig das Erstellen und Ausspielen von Werbung noch einfacher und schneller ermöglichen und auf weitere Kanäle erweitern – alles auf Knopfdruck und natürlich weiterhin kostenlos. Detaillierte Informationen folgen zeitnah.

Eine umweltfreundliche Alternative zu Papierkassenzetteln

Vom Papier hin zur digitalen Lösung lautet das Motto von anybill. Lea Frank, Geschäftsführerin des Münchener Startups, erklärte in ihrem Vortrag, wie der digitale Kassenbon funktioniert. Der Kunde scannt mit dem Handy einen QR-Code an der Kasse und kann dann den Beleg als PDF speichern, sich per Mail schicken lassen oder in seinem Kundenaccount ablegen. Der Beleg enthält natürlich alle gesetzlich vorgegebenen Informationen.

Mit digitalen Kassenbons lassen sich die Kosten um bis zu 60 Prozent im Vergleich zum Einsatz von Thermopapier minimieren. Gleichzeitig wird ein wichtiger Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit geleistet, weil Thermopapier eingespart wird

beschrieb Frank die Vorteile. Selbstverständlich können Betreiber den digitalen Kassenbon auch als Marketingkanal nutzen und die Kundenbindung stärken. Dafür bietet der Premium-Beleg individuell bespielbare Inhaltsflächen für Aktionen, Promotionen, Rabatte, Recommendations, Neuigkeiten, Events und vieles mehr. Mittels Tracking-URL kann der Händler nachvollziehen, ob der Kunde dieses Angebot genutzt hat. Anybill unterstützt Unternehmen mit Schulungen der Mitarbeiter und Marketingmaterial beispielsweise für den POS, um die Kunden über das Angebot zu informieren. Die Software ist bereits bei einigen Kassenherstellern wie Huth, Hectronic, Ratio Elektronik und Diebold Nixdorf integriert, eine eigene Hardware ist nicht notwendig.

 

Service-Roboter in der Gastronomie

Wie bereits von einigen Referenten in ihren Vorträgen angemerkt, bietet Digitalisierung die Möglichkeit, Personal zu entlasten oder sogar einzusparen. Zu solchen Helferlein gehören auch die Service-Roboter von Novabotics, die Geschäftsführer Thomas Oehring vorstellte.

Roboter sind ein echter Kundenmagnet. Sie ziehen Blicke auf sich und bauen eine Bindung zum Menschen auf

ist Oehring überzeugt. In der Gastronomie können Roboter beispielsweise eingesetzt werden, um die Kunden zu ihrem Sitzplatz zu bringen oder um Essen und Getränke an den Tisch zu fahren. Im Shop kann die Unterstützung je nach Variante beispielsweise neue Produkte auf Tabletts präsentieren, den Kunden über Voice und Monitor begrüßen, über Aktionen informieren, Fragen beantworten oder ihn zu bestimmten Produkten führen. Und das Schöne: Roboter sind immer freundlich und gut gelaunt.

Effizienzsteigerung durch elektronische Regaletiketten

Panasonic kennen viele als Marke für TV-Geräte oder Rasierer. Der internationale Konzern ist aber eigentlich vor allem im B2B-Geschäft unterwegs und bietet dabei beispielsweise elektronische Regaletiketten für den Handel an. Die sogenannten Electronic Shelf Label (ESL) haben ein E-Ink-Display und können über die Cloud gesteuert werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Preisänderungen erfolgen mühelos, umgehend und fehlerfrei, Druckkosten für Papieretiketten entfallen, neue Artikel können einfach über eine App mit dem ESL verknüpft werden und die Displays lassen sich kundenorientiert und mit allen notwendigen Informationen gestalten.

Im zweiten Teil seines Vortrags ging Edin Osmanovic, Head of Sales Supply Chain Solutions bei Panasonic, auf die sogenannten Smart Locker ein, das temperaturgeführte Schließfachsystem, in dem vorbestellte Ware sicher und gegebenenfalls gekühlt oder gewärmt zur Abholung bereitgestellt werden kann. Der Kunde bestellt Produkte im Onlineshop und erhält eine Benachrichtigung, wenn der Lieferdienst sie im Smart Locker untergebracht hat. Dort können sie dann rund um die Uhr mit einem Pin abgeholt werden. Osmanovic sieht die Smart Locker unter anderem als Erweiterung von Smart Stores für kundenspezifische Bestellungen außerhalb des örtlichen Sortimentes oder als Möglichkeit für Kooperationen mit dem Online-Lebensmittelhandel dort, wo Haustürlieferungen besonders kostenintensiv sind.

 

Personaleinsatzplanung – schnell und effizient

Den Abschluss machte das Duo Julia Schöneberger und Wolfgang Wolkenaer von PEP Balance. „Personaleinsatzpläne erstellen ist nicht gerade die schönste Arbeit und Lorbeeren lassen sich damit auch nicht verdienen“, sagte der Geschäftsführer. Mit der Software-Lösung lässt sich die unliebsame Aufgabe jedoch in kürzester Zeit erledigen, wie Schöneberger in einer Demo vorführte. Innerhalb weniger Minuten erstellte sie mit PEP Balance automatisch die Einsatzplanung einer Tankstelle mit 15 Mitarbeitern, bei der verschiedene Faktoren

wie die einzelnen Arbeitszeiten, Pausenzeiten, Aufgaben sowie Umsatz- und Kundenfrequenzen berücksichtigt wurden. Ist der Schichtplan erstellt, wird er automatisch an die Mitarbeiter per MyTime-App geschickt. Die Software enthält außerdem eine Mitarbeiterverwaltung und eine Zeiterfassung. „PEP Balance ist trotz komplexer inhaltlicher Anforderungen intuitiv bedienbar und gibt dem Unternehmer mehr Zeit für das Wesentliche“, war Wolkenaer überzeugt.

 

Am Ende waren sich alle Referenten einig: Technologie ist nicht die Lösung – aber sie ist ein Teil davon. Digitalisierung kann keine Menschen ersetzen, aber in vielen Bereichen Prozesse vereinfachen, automatisieren und damit den Mitarbeitern die Arbeit erleichtern.

 

 

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